O' captain, my captain... Meuterei auf hoher See, ein internationaler Prozess und das alles wegen knapp 50 Afrikanern. Und das in Amerika! Sachen gibt's... Willkommen bei der Kritik/Präsentation zu Steven Spielbergs "AMISTAD".
INHALT
Die "Arbeiter" eines Schiffes
namens "La Amistad", die aus Havanna kommend *husthust* in
den USA arbeiten sollen *husthust*, befreien sich von ihren Ketten, töten
die Besatzung bis auf zwei und fordern, wieder zurück in die Heimat
zu gelangen. Und das ist weder Havanna noch NYC, sondern die
Westküste Afrikas. Wir befinden uns im Jahre...naja... so 1840
herum. Die Sklaverei gibt es noch, doch gibt es Parteien und
Organisationen, die sich gegen diese aussprechen. Dazu zählen auch
zwei Abolitionisten (Kämpfer gegen die Sklaverei, googlet mal), die
vom Vorfall auf der AMISTAD erfahren, nachdem das Schiff eben NICHT
nach Afrika tuckelte, sondern vor die Küste Amerikas (Navis.....).
Zack, Schiff und neue Besatzung sichergestellt und verhaftet (also
die Sklaven. Nicht das Schiff. So große Gerichte gibt's gar nicht.).
Also braucht's einen Anwalt, man wendet sich an einen pfiffigen
jungen Herren, der beweisen will, dass die AMISTAD-Aufständischen
auf neutralem Territorium gefangen genommen worden sind und zwecks
Sklaverei verschleppt wurden – ein schweres Vergehen, stand doch
die Westküste Afrikas (in diesem Falle handelt es sich konkret um
die Elfenbeinküste) unter dem Banner Englands, ein Land, in dem die
Sklaverei zu dem Zeitpunkt verboten ist. Heikel, heikel, diese Frage
danach, wer sie sind, statt immer nur zu fragen, was sie sind. Aber
find erstmal einen Dolmetscher, der Mende spricht...
Der Film zeigt die doch recht winkligen
und nicht immer koscheren Vorgänge, die den AMISTAD-Prozess
begleiteten. Insgesamt dauerte das Spektakulum knapp 2 Jahre, bis
(letztlich sogar vor dem Obersten Gerichtshof) eine Einigung
zugunsten der Afrikaner ausgesprochen wurde. Doch was auf der
Leinwand/auf dem Bildschirm zwischendurch passiert, ist keineswegs
dröges Juristengeplenkel, sondern ein eindrucksvolles Filmerlebnis,
das Elemente wie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit ganz oben auf
seine Fahne schreibt -ein recht typischer Steven Spielberg-Film, wenn
man diese Motive betrachtet- und Menschlichkeit sucht, wo man sie für
gewöhnlich nie suchen würde (vor Gericht).
Oftmals mag man daran zweifeln, dass es
ein "typischer" Spielbergfilm ist. Die Bilder und die
Bildsprache, worauf wir gleich noch kommen werden, all das ist
ungewöhnlich brutal und direkt. Man leidet wahrlich mit den
Leidenden. Und fordert im Kanon mit Anführer Cinque die Freilassung.
Also.. der Sklaven. Nicht die Freilassung vor dem Film. Die
Schauspieler im Film sind überragend im Spiel. Selbst ein Matthew
McConaughey, der sonst immer untergeht und Murks liefert, kann hier
als fescher und anfangs überheblicher, später sehr überlegter
Anwalt glänzen. Alles überragt aber ein Mann: Sir Anthony Hopkins,
der für seine Rolle als John Quincy Adams für einen Oscar nominiert
wurde. Seine Abschlussrede vor dem Obersten Gericht.... woaaaah!
Einfach nur fesselnd und stark inszeniert (von Kamera und
Schauspieler). Kennt ihr das, wenn ihr an jemandes Lippen einfach nur
klebt? That feeling.
KAMERA
Zuständig für die Kamera war, wie in
den meisten Spielbergfilmen seit SCHINDLERS LISTE, Janusz Kaminski.
Manch Leser ist gewillt, AMISTAD mit SCHINDLERS LISTE zu vergleichen?
Das ist gar nicht mal so~ falsch. Mit einem Unterschied. SCHINDLERS
LISTE war in schwarz/weiß. AMISTAD kommt dagegen in voller Farbe
daher. Und das spürt man mit Leib und Seele. Auch hat sich das
Verhältnis zwischen zuständigem Kameramann (Kaminski) und Regisseur
(Spielberg) verbessert. Sie gehen noch ein paar Schritte weiter. Die
Bilder sind intensiver, kraftvoller, schmerzhafter, als es noch bei
SCHINDLERS LISTE der Fall war. Und das war schon perfekt. Allein die
Anfangsszene, als sich Cinque befreit und dann mit den Männern das
Schiff übernimmt. Ein Traum. Manchmal ein Albtraum, aber ein Traum
von einer Szenerie. Verdientermaßen gab es dafür eine
Oscarnominierung und wenn in dem Jahr nicht TITANIC gewesen wäre...
verdient wäre es gewesen. Schön, dieser Konjunktiv.
MUSIK
Die Musik stammt, surprise surprise,
aus der Feder von John Williams. Und was für ein Score, Halleluja.
Ich weiß, ich weiß, Fanboy-Gelaber, aber der Score zu Amistad ist
wirklich eine sehr feine Arbeit mit schönen afrikanischen Klängen,
einem mystischen Männerchor hier und da und zwei Themen, die zum
einen die Klage und Trauer/Wut von Cinque sehr schön einfängt
(Cinque's Theme, sehr schön auch im Stück "Going Home")
und das Freiheitsthema, das wirklich voller Hoffnung steckt und man
für einen kurzen Moment denkt "Jo, das schaff ich. Egal was,
ich schaff das." Definitiv einer der aufregenderen und schöneren
Williams-Scores, dessen Stücke auch als Standalones ihre Wirkung
haben.
GESAMTWIRKUNG
AMISTAD gehört meiner Meinung nach zu
den unbekannten Meisterwerken von Steven Spielberg. Klar, in seiner
Vita macht AMISTAD neben VERGESSENE WELT:JURASSIC PARK und DER SOLDAT
JAMES RYAN nicht gerade den besten Eindruck, besonders nicht an der
Kinokasse. Der Film hat gerade so das eingespielt, was er gekostet
hat (ca. 40 Mio$). Nicht gerade erfreulich, war es doch die erste
Produktion von Spielbergs eigener Produktionsfirma DREAMWORKS. Ich
glaub, die haben sich einen etwas besseren Start erhofft. Doch davon
abgesehen, dass er vom Rest der Welt unbeachtet blieb (hatte da der
Faime um TITANIC auch etwas Schuld?...) ist AMISTAD ein
beeindruckendes Stück. Begnadete Schauspieler, die gewohnt
Souveränes darbieten, starke Bilder, die man so leicht nicht
vergisst, eine Geschichte, die so tatsächlich stattfand, was man ab
und zu vergessen will (keineswegs, weil es so "fantastisch"
sei... eher im Gegenteil). Doch gibt es auch negatives zu sagen?
Naja...
Der Film wurde dahingehend kritisiert
(von anderen, nicht von mir), dass er zwar schön eindrucksvoll das
Schicksal der AMISTAD-Afrikaner beschreibt und zeigt, die abertausend
übrigen Sklaven Amerikas aber weitestgehend unbeschattet bleiben.
... äh...ja? Beziehungsweise nein, in manchen Szenen kann man schon
recht gut erahnen, wie das Schicksal vieler tausend Sklaven, die von
Afrika nach Amerika verschleppt wurden, ausgesehen haben mag. 'nough
said.
Ich mag den Film. Sogar sehr. So sehr,
dass ich ihm jeden andrehe, dem ich Filmbegeisterung zuschreiben kann
und/oder für geschichtsinteressiert erachte. Denn er zeigt ein
Kapitel der Geschichte, der meist unberührt bleibt, besonders von
amerikanischer Seite (jaja, mittlerweile gibt's da Filme wie DJANGO
UNCHAINED oder LINCOLN, die sich ebenso mit der Sklaverei
auseinandersetzen).
Habt ihr Appetit bekommen auf AMISTAD?
Wenn ja, holt euch die DVD!
Sofort!
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